The Fateful Year of 1923 in the History of the Anthroposophical Society
GA 259
1 October 1923, Vienna
Translated by Steiner Online Library
Report on the Founding of the Austrian National Society
At the autumn event of the anthroposophical movement in Austria in Vienna from September 26 to October 2, 1923
[No minutes of the meeting are available. In the “Mitteilungen des Vorstandes in Deutschland” (No. 8 of October 1923), Dr. Carl Unger's report on the founding of the Austrian national society is as follows:]
“The founding of the Anthroposophical Society in Austria presents the Friends there with major tasks and the necessity of overcoming many difficulties. But the first step has been taken, which should lead to a significant representation of Anthroposophy in the most important place. The leadership of the Anthroposophical Society in Austria has been taken over by an executive board consisting of the following personalities: Julius Breitenstein, Dr. Norbert Glas, Dr. Franz Halla, Dr. Hans Erhard Lauer, Graf Polzer-Hoditz, Alfred Zeißig. A circle of trusted individuals, which also includes the cities of Graz, Klagenfurt, Linz and Salzburg, is at the side of the board. The meeting concluded with a declaration of support for the rally for Dr. Steiner, which was heard standing.”
The wording of the resolution adopted at the time:
In the face of the increasingly brutal and concentrated attacks on Dr. Steiner's person, the executive council of the Anthroposophical Society in Germany recently made a public statement. In the wake of this, we, at the founding of the Austrian Anthroposophical Society, feel it as our primary duty to also profess to the world our undying gratitude to Dr. Steiner for the tremendous wealth of spiritual insights that he has given to humanity.
We recognize in him the purest embodiment of true humanity and the strongest moral will, and look to him as the appointed leader who, as the bearer of truth, is alone capable of leading humanity out of the chaos of the present time and into a new epoch of human spiritual development. Under his leadership, we anthroposophists have learned through his word and his way of life how thinking can lead to wisdom, feeling to beauty and willing to moral strength.
We have learned to understand how these new spiritual and moral sources can be tapped into by humanity. We know that the Anthroposophical Society in Austria can only fulfill the tasks set for it under his spiritual guidance, and we ask him to take on this leadership without us giving it an external name.
The Anthroposophical Society in Austria will endeavor to prove itself worthy of this leadership.
Today, however, it recognizes it as its special duty to protect Dr. Rudolf Steiner from slanderous attacks and to make it clear to the outside world that this protection is the duty of all truth-seeking and decent people, whether they are within or outside the Anthroposophical Society.
Ludwig Polzer-Hoditz reports in his “Memories of Rudolf Steiner”, first published in 1937:
“At the meeting on this matter, which Rudolf Steiner attended, Mr. Zeißig, the former board of the Vienna branch, was in the chair. The meeting was very unsatisfactory. There was a lot of talk, so that no decision could be taken until the last moment. Dr. Steiner had to leave in a few minutes, was always looking at his watch, and the meeting threatened to end without a result. So I stood up, made a brief proposal to found the society, regarding the composition of the board and the renunciation of further debate, and called on those who agreed to stand up. The motion carried a majority and the Society was founded. Since we had no binding rules of procedure, this was possible. In any case, the Landesgesellschaft still exists today and was the first of the countries to establish such a society at the request of Dr. Steiner.” (As can be seen from the present documentation volume, it was not the first, but one of those established at the time ‘at the request of Dr. Steiner’.Die Gründung der österreichischen Landesgesellschaft anläßlich der Herbstveranstaltung der anthroposophischen Bewegung in Österreich in Wien vom 26. September bis 2. Oktober 1923
Gründungsversammlung Wien, 1. Oktober 1923 (nachmittags)
[Von der Versammlung liegt kein Protokoll vor. In den «Mitteilungen des Vorstandes in Deutschland» (Nr. 8 vom Oktober 1923) heißt es in dem Bericht von Dr. Carl Unger «Wiener Tage vom 26. September bis 2. Oktober» über die Gründung der österreichischen Landesgesellschaft:]
Bericht von Carl Unger
«Die Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft in Österreich stellt die Freunde dort vor große Aufgaben und vor die Notwendigkeit, noch mancherlei Schwierigkeiten zu überwinden. Doch ist der erste Schritt getan, der zu einer bedeutsamen Vertretung der Anthroposophie an wichtigster Stelle führen soll. Die Führung der Anthroposophischen Gesellschaft in Österreich wurde von einem Vorstand übernommen, der aus folgenden Persönlichkeiten besteht: Julius Breitenstein, Dr. Norbert Glas, Dr. Franz Halla, Dr. Hans Erhard Lauer, Graf Polzer-Hoditz, Alfred Zeißig. Ein Kreis von Vertrauenspersönlichkeiten, die auch die Städte Graz, Klagenfurt, Linz und Salzburg umfaßt, steht dem Vorstand zur Seite. Die Versammlung schloß mit einer Zustimmungserklärung zur Kundgebung für Dr. Steiner, die stehend angehört wurde.»
Wortlaut der damals gefaßten Resolution:
Gegenüber den in letzter Zeit immer brutaler und konzentrierter auftretenden gegnerischen Angriffen auf die Person Dr. Steiners trat der Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland kürzlich mit einer Kundgebung vor die Öffentlichkeit. Im Anschluß an diese empfinden wir es bei der Gründung der österreichischen Anthroposophischen Gesellschaft als unsere erste Pflicht, auch vor aller Welt Herrn Dr. Steiner unsere unauslöschliche Dankbarkeit zu bekennen für die ungeheure Fülle geistiger Einsichten, welche er der Menschheit geschenkt hat.
Wir erkennen in ihm die reinste Verkörperung wahrer Menschlichkeit, stärksten moralischen Wollens und blicken auf ihn als denjenigen berufenen Führer, der als Träger der Wahrheit allein imstande ist, die Menschheit aus dem Chaos der gegenwärtigen Zeit zu einer neuen Epoche menschlicher Geistesentwicklung zu führen. Wir Anthroposophen lernten unter seiner Führung durch sein Wort und seine Lebenshaltung, wie das Denken zur Weisheit, das Fühlen zur Schönheit und das Wollen zur moralischen Stärke gelangen kann.
Wir lernten verstehen, wie diese neuen geistig-sittlichen Quellen der Menschheit erschlossen werden müssen. Wir wissen, daß auch die Anthroposophische Gesellschaft in Österreich nur unter seiner geistigen Führung den Aufgaben, die ihr gestellt sind, nachkommen kann, und bitten ihn, diese Führung übernehmen zu wollen, ohne daß wir derselben einen äußeren Namen geben.
Die Anthroposophische Gesellschaft in Österreich will bestrebt sein, sich dieser Führung würdig zu erweisen.
Heute erkennt sie es aber als ihre besondere Pflicht, Dr. Rudolf Steiner vor verleumderischen Angriffen zu schützen und der Außenwelt begreiflich zu machen, daß dieser Schutz die Pflicht aller wahrheitsuchenden und anständigen Menschen ist, ob sie innerhalb oder außerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft stehen.
Ludwig Polzer-Hoditz berichtet in seinen 1937 erstmals veröffentlichten «Erinnerungen an Rudolf Steiner»:
«Bei der diesbezüglichen Versammlung, welcher Rudolf Steiner beiwohnte, führte Herr Zeißig den Vorsitz, der bisherige Vorstand des Wiener Zweiges saß am Podium. Die Versammlung verlief sehr unbefriedigend. Es wurde viel herumgeredet, so daß bis zum letzten Augenblick kein Beschluß gefaßt werden konnte. Dr. Steiner mußte in einigen Minuten weggehen, schaute immer schon auf die Uhr, die Versammlung drohte ergebnislos zu verlaufen. Nun stand ich auf, stellte einen kurzen Antrag zur Gründung der Gesellschaft, bezüglich der Zusammensetzung des Vorstandes und zum Verzicht der weiteren Debatte, forderte diejenigen auf, die damit einverstanden waren, sich zu erheben. Der Antrag hatte die Majorität, und die Gesellschaft war gegründet. Da wir keine verpflichtende Geschäftsordnung hatten, so war der Vorgang möglich. Jedenfalls besteht die Landesgesellschaft bis heute und war die erste unter den Ländern, die eine solche sich auf Wunsch Dr. Steiners einrichteten.» [Sie war, wie aus dem vorliegenden Dokumentationsband hervorgeht, nicht die erste, aber eine von denen, die auf «Wunsch Dr. Steiners» damals eingerichtet wurden.)